Lehrveranstaltungen
Das IdGL bietet regelmäßig Lehrveranstaltungen an der Universität Tübingen und anderen Universitäten in den Bereichen Geschichte, Kultur, Politik und Literatur des südöstlichen Europas an. Die Lehrenden des Instituts vermitteln den Studierenden nicht nur theoretisches Wissen über den Raum und seine kulturelle, sprachliche und ethnische Vielfalt seit dem 18. Jahrhundert bis heute, sondern auch praktische Erfahrungen durch Exkursionen und Projekte mit Universitäten in Rumänien, Serbien, Kroatien und Ungarn. Das Lehrangebot des IdGL umfasst außerdem interdisziplinäre Summer Schools und Workshops für Studierende, Doktorand*innen und Stipendiat*innen“.
Sommersemester 2023
Dr. habil. Mathias Beer
Deutsche Minderheiten in Ostmitteleuropa im 20. Jahrhundert
Hauptseminar
Als Ergebnis von Migrationen vom Mittelalter bis in die Neuzeit sind bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in Ostmitteleuropa eine Reihe von deutschen Minderheiten entstanden. Der Erste und der Zweite Weltkrieg sowie deren Folgen haben sich in unterschiedlichem Maß, aber insgesamt dramatisch auf die Entwicklung der Minderheitengruppen ausgewirkt. Heute gibt es im östlichen Europa nur noch kleine deutsche (Rest)Minderheiten.
Vor dem Hintergrund der Konjunktur, die die internationale Minderheitenforschung seit einigen Jahren wieder verzeichnet, nimmt das Seminar eine Bestandsaufnahme der deutschen Minderheiten in Ostmitteleuropa vor. Zudem geht es auf die Zwangsmigrationen und deren Folgen ein, die wesentlich dazu beigetragen haben, dass diese Minderheiten nach 1945 fast vollständig verschwunden sind. Schließlich wird nach Verhältnis des Deutschen Reiches und der Bundesrepublik und den deutschen Minderheiten in Ostmitteleuropa im 20. Jahrhundert gefragt. Ziel ist es, ein grundlegendes Kapitel deutscher Geschichte literatur- und quellengestützt zu analysieren und zu diskutieren.
Dr. Cristian Cercel
Twentieth-Century Biographies: Lives, Archives, Histories
Seminar
Both as popular genre and as scholarly research topic, life stories appear omnipresent: bookshops have dedicated sections on biographies, biopics and biographical documentaries are to be seen in cinemas, on Netflix, and at film festivals, anthropologists, historians, and social scientists set to reconstruct past (or even present) lives in their works, museum exhibitions extensively make use of biographies in order to tell broader stories.
Yet what is a biography? How and why do we – as scholars - (re)construct and make sense of past (and even present) lives? Whose lives get to be (re)constructed and told and why? Are biographies coherent? What methods and what sources do we use in order to tell life stories and how do we empirically engage with these sources? How do we use biographical research as a method and biographical material as a source in order to understand broader issues (historical, social, cultural, political, economic)?
The seminar addresses these questions as well as related ones and discusses how biographical research is intrinsically entangled with and bound to open up towards an engagement with numerous themes and issues. Migration, sexuality, ethnic identity, race, and war are amongst those themes and issues that will be addressed during the sessions of the seminar, by means of a closer look at biographical research – both theoretically and empirically – and at particular twentieth-century biographies.
The sessions will draw on case studies that the convener has been engaging with in his own research, as well as on the archival holdings of the Institute for Danube Swabian History and Regional Studies.
Prof. Dr. Reinhard Johler und Dr. Olivia Spiridon
Theorien und exemplarische Felder europäischer Kulturforschung
Exkursionsseminar
Timișoara (dt. Temeswar, ung. Temesvár), die Hauptstadt der Region Banat, ist die drittgrößte Stadt Rumäniens und gilt aufgrund ihrer Lage und der multiethnischen Zusammensetzung ihrer Bevölkerung als dessen „Tor zum Westen“. 1989 hat dort die Revolution gegen das kommunistische Regime begonnen und die Stadt damit zum europäischen Symbol des Widerstands und der Wende gemacht. Nicht zufällig trägt die Universitätsstadt Temeswar 2023 den Titel „Kulturhauptstadt Europas“. Deren Motto „Shine your light! Light up your City!“ verweist auf die frühe elektrische Beleuchtung der Stadt im 19. Jahrhundert, aber auch und gerade auf deren ausgesprochene, kulturelle Lebendigkeit in der Gegenwart. Geschichte und Gegenwart der Stadt werden daher während der Exkursion an den unterschiedlichsten (meist interethnisch besetzten) Orten – z.B. Plätzen der Literatur, Schulen, Universität, Museen, Öffentlichkeiten – zum Thema des auf kulturelle Begegnungen setzenden Seminars sein. Unter anderem ist der Besuch des Deutschen Theaters, der Oper und des Lenau-Gymnasiums geplant sowie ein Ausflug in multikulturelle Orte aus dem Umland Temeswars, wie Hatzfeld und Billed.
Das Seminar ist interdisziplinär angelegt und verbindet inhaltlich Germanistik mit Kulturwissenschaft. In Führungen, Gesprächen und Besuchen wird so zum einen der literarischen und intellektuellen Produktion in der Stadt nachgegangen, die mit der Nobelpreisträgerin Herta Müller und der „Aktionsgruppe Banat“ Temeswar zu einem Zentrum der deutschsprachigen Kultur und Minderheitenliteratur in Ostmitteleuropa gemacht hat. Zum anderen – und mit EKW-Perspektive – stehen eigene ethnografische Erhebungen (etwa zur Kulturhauptstadt und zur städtischen Multikulturalität im Mittelpunkt und zielen auf das Beschreiben und Lesen dieser Stadt ab.
Das Exkursionsseminar bringt Studierende der Empirischen Kulturwissenschaft und des Deutschen Seminars mit ihren Fragestellungen zusammen.
PD Dr. Daniela Simon
Jugoslawien im Zweiten Weltkrieg
Vorlesung
In diesem Jahr nähert sich am 29. November das 80. Gründungsjubiläum des zweiten jugoslawischen Staates. Mitten im Zweiten Weltkrieg entschieden die kommunistischen Delegierten aller jugoslawischen Regionen über die föderale Nachkriegsordnung des okkupierten und in mehrere Besatzungszonen und Verwaltungen zerstückelten Landes. Mit „Twice there was a country“ unterstreicht der Buchtitel von John Lampe, dass 1943 (und 1945) trotz der nationalen Spannungen und Legitimitätsdefizite des ersten Jugoslawien (1918–1941) die Wiederherstellung der staatlichen Ordnung in nahezu gleichen Grenzen beginnen konnte. Im Gegensatz dazu stand der interethnische Bürgerkrieg, der „Im Schatten des Weltkriegs“ (Alexander Korb) in Jugoslawien ausgetragen wurde. Das Verständnis über dessen Ursachen, Motive und Akteur*innen ist unerlässlich für die Kontextualisierung der Okkupation des Landes durch die Achsenmächte, der Kollaboration der einheimischen Kräfte und des erfolgreichen Widerstands der jugoslawischen Partisan*innen. Sich mit einem Ausschnitt aus der Geschichte eines nicht mehr existierenden Staates zu befassen, bedeutet auch, sich mit den „Histories of a Failed Idea“ (Dejan Djokić) auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung erfolgt in der Vorlesung durch die Erörterung der innen- und außenpolitischen Zwänge der jugoslawischen Staatsgründung, seines pragmatischen und programmatischen Multikulturalismus, seines Umgangs mit nationalen Minderheiten und seiner bereits während des Krieges begonnenen gesellschaftlichen Transformation.
Dr. Olivia Spiridon
Donaustädte in Texten, Bildern und Filmen
Blockseminar mit Exkursion
Die Donau ist seit dem 19. Jahrhundert die emblematische Landschaft einer europäischen Großregion. Sie ist einerseits ein Medium der Modernisierung und eine Verkehrsstraße, die im Zuge der Industrialisierung zur Entwicklung urbaner Zentren beitrug, und andererseits umklammert sie einen Raum, der sich durch äußerste Vielfalt und Fragmentiertheit auszeichnet und weiterhin große Differenzen aufweist. Auf diese unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Rollen des Stroms ist die Besonderheit von Donaustädten und ihrer Repräsentationen in Bild-, Text- und audiovisuellen Medien zurückzuführen.
Die Städte entlang des Flusses können unterschiedlicher nicht sein: große urbane Zentren (Wien, Budapest, Belgrad), selbstbewusste Städte mittlerer Größe (Ulm, Regensburg, Novi Sad, Ruse, Brăila) oder ländlich geprägte Kleinstädte, die ihre Diversität am Schnittpunkt des europäischen Stroms und dem provinziellen Hinterland ausleben (Párkány, Estergom, Mohacs, Vukovar, Smederevo, Belene, Sulina). Gleichzeitig sind Stadtbilder mediale Produkte und werden in Text-, Bild- und audiovisuellen Medien epochen- und medienspezifisch vermittelt: Die Repräsentation einer Stadt auf einer neuzeitlichen Karte unterscheidet sich von jener auf einer Lithografie, einer Postkarte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in einem literarischen Text oder aktuellen Film. Im Hauptseminar werden repräsentative Donaustädte unterschiedlicher Größe (mit ihren Brücken, Denkmälern, Häfen und Promenaden) entlang des Flussverlaufs ausgewählt und durch die Linse der verschiedenen Medien und medialen Zeitalter betrachtet.
Das Blockseminar findet vom 4.–7. Mai in Kisoroszi auf der Donauinsel Szentendre bei Budapest statt. Kisoroszi, ein malerisches Dorf an der Donau, liegt mitten im großen Strom auf der nördlichsten Spitze der Szentendre-Insel und ist mit der Außenwelt mit einer Fähre verbunden.
Das Seminar ist Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Germanistischen Institut an der Universität Budapest, ELTE (Dr. habil. Edit Király), dem Institut für Germanistik an der Universität Novi Sad (Dr. Iva Simurdić) und dem IdGL in Tübingen (Dr. Olivia Spiridon). Es ist auch als Begegnung und Austausch zwischen Studierenden aus Deutschland, Serbien und Ungarn gedacht.
Das Hauptseminar wird im Rahmen des Projekts Begegnungen an der Donau. Menschen – Filme – Literaturen durchgeführt.
Wintersemester 2022/23
apl. Prof. Dr. Márta Fata
Grenze als Sortiermaschine? Grenzen und Migrationen in Mittel- und Ostmitteleuropa 1500-1914
Hauptseminar
Bianca Hepp, M.A.
Einführung in kulturwissenschaftliche Arbeitsfelder
Exkursionsseminar
Prof. Dr. Reinhard Johler (in Auswahl)
Diversität / Kulturanalyse im (inter-) disziplinären Kontext
Seminar
Einführung in kulturwissenschaftliche Arbeitsfelder
Zusammen mit Bianca Raffaele Hepp und Christoph Bareither
Exkursionsseminar
StadtLesen und StadtBeschreiben. Kulturhauptstadt Novi Sad 2022
Zusammen mit PD Dr. Daniela Simon
Hauptseminar
Kulturanalyse des Regionalen
Zusammen mit PD Dr. Daniela Simon
Exkursionsseminar
PD Dr. Daniela Simon
StadtLesen und StadtBeschreiben. Kulturhauptstadt Novi Sad 2022
Zusammen mit Prof. Dr. Reinhard Johler
Hauptseminar
Kulturanalyse des Regionalen
Zusammen mit Prof. Dr. Reinhard Johler
Exkursionsseminar
Dr. Olivia Spiridon
Die Vojvodina und ihre konkurrierenden Geschichten
Blockveranstaltung mit Exkursion
Das Seminar findet vom 15.-18. September an der Universität Novi Sad in Serbien statt.