Deutschsprachige Literaturen und kulturelle Interferenzen im Donauraum

Im Mittelpunkt des Forschungsbereichs stehen deutschsprachige literarisch-fiktionale, angrenzende kulturelle Texte (Periodika, Tagebücher, Memoiren) und audiovisuelle Narrative aus Zentral- und Südosteuropa und ihre kulturellen Kontexte. Sie machen Grenzüberschreitungen und Interferenzen innerhalb dieser multikulturellen Räume und auch zum deutschen Sprachraum sichtbar. Durch Forschungsansätze wie die kulturelle Narratologie und die kulturwissenschaftliche Raumtheorie wird die Funktion der verschiedenen Narrative für die Formung von Identitäten, die Wahrnehmung des sozialen Raums und die Entwicklung von Kommunikationsräumen analysiert.

Bei der Untersuchung der deutschsprachigen Literaturen Südosteuropas kommen auch literatursoziologische Gesichtspunkte zum Einsatz, die die Autonomie des literarischen Feldes sowie formalthematische Optionen der literarischen Texte im Zusammenspiel mit Kulturpolitik, der Anpassung des literarischen Kanons an das Ästhetische und Ideologische, mit sich ändernden Öffentlichkeiten und Netzwerken beschreiben. Die Entwicklungsdynamik der Regionalliteraturen aus Südosteuropa wird durch Berücksichtigung von Migrationen und dem auch damit verbundenen Wandel des institutionellen Umfelds – unter anderem der Zeitschriftenlandschaft, Verlage, literaturkritischen Instanzen – verständlich. So ist in den letzten Jahrzehnten zu beobachten, wie die deutschsprachigen Minderheiten- und Regionalliteraturen aus dem Südosten Europas in eine immer größer werdende deutschsprachige Migrationsliteratur einmünden. Sie werden Teil eines vielfältigen Migrationsgedächtnisses.

Mit dem Fokus auf der Donau, die in Narrationen aus verschiedenen Regionen und Ländern Europas Eingang findet, verfolgen die Analysen von text- und bildbasierten Erzählungen die Auswirkungen von Zäsuren, politischen Umwälzungen, Kriegen, Migrationen und unter anderem von Eingriffen in die Umwelt auf die verschiedenen Gesellschaften. Anhand von Literatur und Filmen wird untersucht, wie Narrationen im diskursiven Wechselspiel zwischen Sprachen, Medien und Geschichte geformt und umgebaut werden. Sie zeigen den Donauraum als eine komplexe, im Spannungsfeld von Differenzen und Ähnlichkeiten sich immer wieder neu erfindende Großregion.

Derzeit werden drei Drittmittelprojekte weitergeführt:

  • D-A-CH-Projekt „Die Donau lesen. (Trans-)Nationale Narrative im 20. und 21. Jahrhundert“ in Kooperation mit dem Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Förderung DFG / FWF). Weitere Informationen und kulturhistorische Einblicke in den Donauraum und seine Geschichte z. B. Der Fluss als Netzwerk, Donauschwaben, Verschwundene Brücken auf der Webseite des Projekts.
  • „Die Eliteproduktion der deutschen Minderheiten aus Rumänien 1918-1933“ im Rahmen des Projekts „Deutsche Sprache und Literatur in Rumänien 1918-1933. ‚Postimperiale‘ Realitäten, öffentlicher Diskurs und kulturelle Felder“, das an der Babeş-Bolyai Universität in Klausenburg und am Institut für Soziohumane Forschungen an der Rumänischen Akademie, Zweigstelle Sibiu (Hermannstadt) angesiedelt ist (bis Ende 2022)

Aktuelles (Stand 2023)

Online-Publikation

Márta Fata / Olivia Spiridon (Hg.): Das Ende des Ersten Weltkriegs und seine Folgen im Donauraum
Der vorliegende Band geht aus einer Vortragsreihe hervor, die im Wintersemester 2019/20 von den Forschungsbereichen „Neuere Geschichte“ und „Literaturwissenschaft“ am IdGL durchgeführt wurde. Mit dieser Kooperation war das Ziel verbunden, den Mehrwert der interdisziplinären Aufstellung des Instituts an einem Thema zu erproben, das gleichzeitig das Forschungsfeld des IdGL, das nördliche Südosteuropa, und sein Leitbild, „Migrationen, Minderheiten und Erinnerungen“, berücksichtigt.

Begleitend zum Buch:

Podcast Lemberg

Neues aus den Donau-Projekten

Donaustädte in Texten, Bildern und Filmen

Die Reihe der internationalen studentischen Seminare im Rahmen des Projekts „Begegnungen an der Donau. Menschen – Filme – Literaturen“ wurde mit dem Blockseminar „Donaustädte“ vom 3.-7.05.23 in Budapest abgeschlossen. Es nahmen 28 Studierende von den Universitäten Budapest (ELTE), Novi Sad und Tübingen daran teil. 
Wir haben in Budapest im Germanistischen Institut und im Dorf Kisoroszi auf der Donauinsel Szentendre eine intensive Zeit erlebt, Spaziergänge und Fahrten durch die Stadt und Umgebung, durch Texte, Bilder und Filme unternommen! 
Das von der BW Stiftung geförderte Projekt wurde im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Institut für Germanistik an der ELTE in Budapest (Dr. habil. Edit Király), dem Lehrstuhl für Germanistik an der Universität Novi Sad (Dr. Iva Simurdić) und dem IdGL (Dr. Olivia Spiridon) durchgeführt. 


Die Vojvodina und ihre konkurrierenden Geschichten

Das von der BW Stiftung geförderte Blockseminar vom 15.-18. September 2022 an der Universität Novi Sad wurde im Rahmen einer Kooperation mit dem Institut für Germanistik an der Universität Budapest (ELTE) und dem Lehrstuhl für Germanistik an der Universität Novi Sad durchgeführt. Es nahmen 30 Studierende von den drei Universitäten daran teil.

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Präsentation der Anthologie "Der Fluss"

Im Rahmenprogramm der Europäischen Kulturhauptstadt Novi Sad fand am 18. September eine Lesung aus der Donau-Anthologie Der Fluss statt. Aus der von Edit Király und Olivia Spiridon herausgegebenen Anthologie las die Schauspielerin Svetlana Bojković, während der Jazztrompeter Joo Kraus und der Pianist Ralf Schmid für die musikalische Umrahmung sorgten. An der Veranstaltung waren unter anderem die Städte Ulm/Neu-Ulm, das Donaubüro Ulm, die Danube School Ulm/Neu-Ulm und das IdGL beteiligt.

   

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Hauptseminar: Donaureisen. Raumkonstruktionen in transmedialer Perspektive
in Kooperation mit dem Institut für Germanistik an der Universität Budapest (Elte) und dem Lehrstuhl für Germanistik an der Universität Novi Sad
Universität Tübingen, Brechtbau, 5.-8. Mai 2022 (30 Teilnehmer*innen aus Budapest, Novi Sad und Tübingen)

Das Hauptseminar wurde im Rahmen des Projekts „Begegnungen an der Donau. Menschen – Filme – Literaturen“ durchgeführt, das von der BW Stiftung finanziert wird, und war auch als Begegnung und Austausch zwischen Studierenden aus Deutschland, Serbien und Ungarn gedacht. Die Reihe dieser grenzüberschreitenden Veranstaltungen setzt sich im September dieses Jahres an der Universität Novi Sad und im Mai 2023 an der Universität Budapest fort.

Donaureisen und ihre Schilderungen sind immer in spezifischen politischen, ökonomischen oder künstlerischen Kontexten eingebettet und bringen dabei ihre jeweils eigenen Räume hervor. Im Rahmen des Hauptseminars in Blockform wurden sie in einem historischen Bogen seit Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart und in mehreren Medien präsentiert: in Reisetexten, fiktionaler Literatur, Bildern (Mappenwerken, Fotoalben) und in Filmen.
Thematische Schwerpunkte bildeten u.a. Donaureisen als ästhetische Erfahrung (im Vergleich „männlicher“ und „weiblicher“ Perspektiven, wie etwa bei Franz Grillparzer und Ida Pfeiffer), die Reise als Repräsentation (Königinnenfahrten), „Wohnzimmerreisen“ durch Mappenwerke im 19. Jahrhundert (A. Kunike), Reise als Flucht und Migration, Mitteleuropadiskurse als Reise, die Lektüre als Reise durch ein Wörterbuch, Reisen in die Welt der Phantasie, die Auseinandersetzung mit den gewohnten Wahrnehmungsrastern des Flusses in neuen Fotoalben und Filmen. Anhand ausgewählter Beispiele wurden Donaureisen in ihrer transmedialen Wirksamkeit beleuchtet.

 

Online-Portal

Donau - Topoi und Topographien

Das Donau-Portal ist work in progress. Es stellt die Möglichkeit dar, Kooperationen in verschiedenen Donau-Projekten, die laufend neue Ergebnisse hervorbringen, mit der Veröffentlichung von Aufsätzen in diesem breiten Rahmen zu begleiten. Das Portal Topoi und Topographien soll einen offenen Prozess des Auffindens, der Gegenüberstellung, der poetischen Ausführung und Sinnkonstitution von Metaphern, Motiven und rhetorischen Orten beherbergen, in dem die Verbindung zur Räumlichkeit des Flusses in den Vordergrund tritt.

Podcasts

Die Donau: Ursprung und Ende, Die Steinerne Brücke von Regensburg, Die Farben der Donau auf Danubylon u.a.
Auf der Webseite des Projekts Begegnungen an der Donau. Menschen – Filme - Literaturen

„Minigeschichten“: Transmediale Einblicke in den Donauraum: Donauschwaben, Verschwundene Brücken, Der danubische Styx u.a.
Auf der Webseite des Projekts Die Donau lesen

Projektberichte

Die Donau lesen. (Trans-)Nationale Narrative im 20. und 21. Jahrhundert

Der Standard, Wien:
Die Donau erzählt Geschichten am laufenden Band

Radiosendung auf Ö1/Dimensionen:
Die Donau lesen (Teil 1) | DI | 05 10 2021 | 19:05 - oe1.ORF.at

Übersetzung von Der Fluss. Eine Donau-Anthologie der anderen Art ins Serbische

Edit Király/Olivia Spiridon (Hg.): Reka. Jedna drugačija dunavska antologija

Die Donau-Anthologie ist in erweiterter in Novi Sad im Verlag Futura Publikacije. Edicija Nojzac erschienen. Für dieses Buch hat der Verlag auf der Buchmesse Novi Sad 2022 den „Spezialpreis für besondere Verlagsleistung“ erhalten.

Laufende Forschungsprojekte

Die Donau lesen. (Trans-)Nationale Narrative im 20. und 21. Jahrhundert

Mehr

Begegnungen an der Donau. Menschen – Filme – Literaturen

Mehr

Deutschsprachige Literaturen in Rumänien 1918-1933. Die Produktion der Eliten

Mehr

Abgeschlossene Forschungsprojekte

An der Donau. Ein europäisches Literaturprojekt

Literatur und Migration - Spielarten der Ankunft. Die deutsche Literatur aus Rumänien nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik

Sektion am 5. MGV-Kongress: Region(en) von Mitteleuropa - Historische, kulturelle, sprachliche und literarische Vermittlungen
Migranten, Schmuggler, Grenzen und Grenzbewohner. Eine Donau "von unten"

Die Donau und ihre Grenzen

Literarische Kommunikation in der deutschen Minderheitenliteratur aus Rumänien.
Das Fallbeispiel Joachim Wittstock

Identitätsentwürfe der Deutschen aus dem Süden der Habsburgermonarchie in Zeitungen, Kalendern und literarischen Zeugnissen ab 1890 bis Ende des Ersten Weltkriegs

Leiterin des Forschungsbereichs

Dr. Olivia Spiridon