Ausstrahlungszentrum donauschwäbischer Kultur in Apatin, Batschka (Serbien)

Veröffentlicht am 02.08.2023

Bundeszuwendung zur Sicherung und Erhaltung deutscher Bau- und Kulturdenkmäler im östlichen Europa gemäß § 96 BVFG erfolgreich abgeschlossen

Im Jahr 2020 konnte das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Drittmittel im Rahmen einer Bundeszuwendung zur Sicherung und Erhaltung deutscher Bau- und Kulturdenkmäler im östlichen Europa gemäß § 96 BVFG einwerben. Zentrales Ziel dieses von Dr. Karl-Peter Krauss eingeworbenen Drittmittelprojekts war die konservatorische Sicherung und Verzeichnung von Archivalien und Bibliotheksbeständnen, aber auch Kunstobjekten in der Bibliothek und im Archiv im Pfarrhaus der Herz-Jesu-Kirche unter Leitung von Boris Mašić in Apatin (Serbien). Es handelt sich im Wesentlichen um Bestände aus katholischen Kirchenarchive von Orten in der Batschka, die bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs von Deutschen besiedelt waren. Das ab Juni 2020 auf drei Jahre angelegte Projekt konnte erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. 

Um das Archiv- und Bibliotheksgut zu sichern, zu ordnen und zu verzeichnen haben sich mehrere Kooperationspartner zusammen gefunden: Das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde, das die inhaltlichen, organisatorischen und finanziellen Maßnahmen koordinierte sowie die Univerzitetska Biblioteka „Svetozar Marković“ (Universitätsbibliothek „Svetozar Marković“) und das Stadtarchiv Novi Sad (Istorijski Arhiv Grada Novog Sada), die fachliche Beratungen sowie Unterstützung der genannten Einrichtung in Fragen der konservatorischen Sicherung, Katalogisierung der Bibliothek und Digitalisierung übernahmen. Die Leitung der Sicherungs-, Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten vor Ort lag bei Boris Mašić, der das Archiv- und Bibliotheksgut vor weiteren Verlusten seit über 20 Jahren bewahrt oder gerettet hat.

Sowohl unter den Akten als auch unter den Büchern befinden sich zeitgeschichtliche Dokumente ersten Ranges. Nicht wenige Akten reichen bis in das 18. Jahrhundert und damit in das Ansiedlungsjahrhundert der deutschen Ansiedler in diesem Raum zurück und dokumentieren so 250 Jahre (kirchliche) Migrations- und Kulturgeschichte. Im Pfarrhaus der Herz-Jesu-Kirche in Apatin sind Akten der folgenden katholischen Kirchenarchive von ehemals deutschen Gemeinden der Batschka zu finden: Apatin, Batschsentiwan (serb. Prigrevica, ung. Bácsszentiván), Bukin (serb. Mladenovo, ung. Dunacséb), Hodschag (serb. Odžaci, ung. Hódság), Karawukowo (serb. Karavukovo, ung. Bácsordas), Miletitsch (serb. Srpski Miletić, ung. Rácz-Militics), Parabutsch (serb. Ratkovo, ung. Paripás) sowie Tscheb (serb. Čelarevo, ung. Dunacséb). Hinzu kommen kleinere Sammlungen aus den Kirchenarchiven Brestowatz (serb. Bački Brestovac, ung. Szilberek) und Filipowa (serb. Bački Gračac, ung. Szent-Fülöp) sowie Protokollbücher aus Kalocsa (Ungarn) und Novosello (serb. Bačko Novo Selo, ung. Bácsújlak). Von Bedeutung ist auch der Bestand über den Apatiner Pfarrer Adam Berenz (1898-1968) aus den Jahren 1933 bis 1944, der in der Wochenzeitung „Die Donau“ seit 1935 eine kritische Haltung gegenüber dem wachsenden Einfluss des Nationalsozialismus einnahm. Bei den Akten handelt es sich um 17 Fonds und rund 80 Archivschachteln.

Im Buchbestand befinden sich wertvolle Raritäten aus der Zeit bis in das 16. Jahrhundert. Das ist insofern bemerkenswert, als in Serbien Bücher aus der Zeit vor 1860 als nationales Kulturgut eingestuft werden. Die Bibliothek umfasst circa 60.000 Zeitschriften und Bücher, einige davon stammen aus dem 16. Jahrhundert. Etwa dreitausend Bücher in der Sammlung können als bibliografische Raritäten betrachtet werden. Ein beträchtlicher Teil der Bücher wurde im Rahmen des Projekts verzeichnet.

Die steigenden Besucherzahlen in diesem Zentrum donauschwäbischer Kultur sind auch eine Folge der medialen Präsenz. Mittlerweile kommen monatlich etwa 50 bis 60 Besucher. Die Bedeutung der Sammlung lässt sich auch daran ermessen, dass 2021 Vertreter verschiedener Botschaften in Belgrad in Apatin waren, um die Bestände zu begutachten und die Sammlung zu würdigen. Daneben sind die Bestände auch für die Forschung von Relevanz. 

Die Bilder zeigen den Besuch der Botschafter aus Ägypten, Albanien, Belgien, Deutschland, Kambodscha, Mexiko und der Slowakei, hier die Botschafter aus Israel und Kambodscha in der Bibliothek (11.07.2021), den deutschen Botschafter Thomas Schieb (rechts) beim Betrachten bibliophiler Raritäten (11.07.20212) und eine Besuchergruppe des Bundes der Vertriebenen in der Kunstsammlung, Herz-Jesu-Kirche (28.04.2023)
Fotos: Boris Mašić