Das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde trauert um Horst Förster
Veröffentlicht am 22 Apr 2022In Aussig geboren, wurde Prof. Förster mit seiner Familie am Ende des Zweiten Weltkriegs vertrieben. Aus der DDR floh er in die Bundesrepublik. Im Ruhrgebiet legte er die Grundlage für seine der Geographie Ost- und Südosteuropas verschriebene wissenschaftliche Karriere. Nach der Habilitation in Bochum 1978 wurde er 1991 an die Universität Tübingen berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 2006 den Lehrstuhl für Geographie Südosteuropas innehatte. Seine Forschungsschwerpunkte lagen, wie seine zahlreichen Publikationen zeigen, im Bereich der Wirtschaftsgeographie, regionaler Entwicklungsprozesse, der Geschichte und Gegenwart peripherer Regionen und urbaner Zentren, der Umweltgeschichte sowie der Europäisierung der Gesellschaften Ost- und Südosteuropas. Für sein Ansehen im Fach spricht die Übersicht „Das östliche Europa im Fokus der deutschen Geographie“ von 2007, wo er als „einer der Vorreiter der Regionalforschung in Mittel- und Südosteuropa“ gewürdigt wurde. Als begeisterter Hochschullehrer prägte er auch durch die vielen Exkursionen nach Ost- und Südosteuropa zahlreiche Studierende. Der gefragte Fachmann war Mitherausgeber mehrerer Zeitschriften und Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen, darunter dem Herder-Forschungsrat in Marburg, dem Collegium Carolinum in München, der Südosteuropa-Gesellschaft in München, deren Zweigstelle in Tübingen er mehrere Jahre leitete, des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung in Tübingen und der Kommission für Geschichte und Kultur der Deutschen in Südosteuropa.
Und dennoch ist damit nur ein Teil des Wirkens von Prof. Förster angesprochen. Wirklich abgerundet wird das wissenschaftliche Werk des rastlosen und anerkannten Wissenschaftlers erst durch die 16 Jahre, die Prof. Förster im Nebenamt das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen geleitet hat. In dieser Zeit erfolgte die enge Verzahnung des außeruniversitären Instituts mit der Universität Tübingen. „Die Eberhard Karls Universität ist froh darüber und dankbar dafür, zu den aktuell 14 mit der Universität in Verbindung stehenden Einrichtungen auch das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde zählen zu können. Das Institut stellt mit seinem Forschungsgebiet und seinem Profil eine willkommene Ergänzung in den Bereichen Geschichtswissenschaft und Geographie an der Eberhard-Karls-Universität sowohl in der Forschung als auch in der Lehre dar“, bekräftigte 2007 der Rektor der Universität, Prof. Dr. Bernd Engler. In der Amtszeit von Prof. Förster erhielt das Institut seine in ihren Grundzügen noch heute bestehende Struktur. Das Stipendium, dass das Institut an Doktorand*innen und Wissenschaftler*innen aus Südosteuropa vergibt, wurde ebenfalls in seiner Amtszeit eingerichtet. Das Institut beteiligte sich zudem erfolgreich am Tübinger Sonderforschungsbereich 437 „Krieg und Gesellschaft“. Ebenso erfuhr das Institut einen Internationalisierungsschub. Davon zeugen nicht zuletzt die zwei Ehrendoktorwürden, jene der Babeș-Bolyai-Universität Cluj (Klausenburg) und der Universitatea de Vest Timişoara (Temeswar), beide Rumänien, mit denen Prof. Förster ausgezeichnet wurde, sowie die Festschrift, die zu seinem 60. Geburtstag 2000 vom Geographischen Institut der Universität und dem IdGL herausgegeben wurde: „Regionen im östlichen Europa – Kontinuitäten, Zäsuren, Perspektiven“. Aus Anlass des 20jährigen Bestehens des Instituts, fanden sich mehr als 200 Personen in Tübingen ein, darunter hochrangige Gäste aus Politik und Wissenschaft, sowohl aus dem In- als auch dem Ausland.
Prof. Förster hat das IdGL geprägt, und in seiner Zeit ist es zu einer anerkannten Einrichtung der deutschen Südosteuropaforschung aufgestiegen. Damit ist sein Wirken für immer mit der Geschichte des Instituts verbunden.
Mathias Beer